top of page

Autofahren & Demenz

Ein Auto ermöglicht größtmögliche Flexibilität im Alltag – vor allem in ländliche Regionen. Daher fällt die Entscheidung oft schwer, krankheits- oder altersbedingt auf das Autofahren zu verzichten. Liegt eine Demenzerkrankung vor, müssen Angehörige oft diese Entscheidung übernehmen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Zu lange warten sollten sie nicht, denn nicht nur die Sicherheit des Demenzkranken steht auf dem Spiel, sondern auch die von anderen Verkehrsteilnehmern.

 Voraussetzung für die legale Teilnahme am Straßenverkehr in Deutschland ist der Besitz einer Fahrerlaubnis (§ 2 StVG). Die Straßenverkehrsbehörden können diese allerdings unter bestimmten Voraussetzungen wieder entziehen. Zum Beispiel wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass der Führerscheinbesitzer nicht mehr in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug zu führen (§§ 3, 46 Fahrerlaubnisverordnung). In der Anlage 4 a der Fahrerlaubnisverordnung sind verschiedene Erkrankungen aufgeführt, bei denen zwingend von einer Fahruntauglichkeit auszugehen ist. Basis dafür sind die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung der Bundesanstalt für Straßenwesen (Stand: 1. Mai 2014).

 

Prüfung der Fahrtauglichkeit

Prüfung der Fahrtauglichkeit durch die Straßenverkehrsbehörde

Bei einer Alzheimer-Demenz besteht nach Anlage 4 a der Fahrerlaubnisverordnung dann keine Fahreignung mehr, wenn die Demenz bereits fortgeschritten ist und zu schweren Persönlichkeitsveränderungen geführt hat. Um die Fahruntauglichkeit festzustellen, kann die Straßenverkehrsbehörde die Untersuchung durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie veranlassen. Da gewisse Leistungsminderungen bei allen älteren Menschen zu erwarten sind, müssen im Rahmen der Untersuchung allerdings ausgeprägte Leistungsmängel und schwere Persönlichkeitsveränderungen nachgewiesen werden.

 Unabhängig davon muss auch der behandelnde Arzt des Patienten diesen bereits bei der Diagnosestellung darüber aufklären, dass bei fortschreitender Demenz von einer Fahruntauglichkeit auszugehen ist. Dritten gegenüber, also auch Angehörigen oder der Straßenverkehrsbehörde, darf der Arzt nur dann einen Hinweis auf die zukünftige Fahruntauglichkeit geben, wenn der Patient einverstanden ist und den Arzt von dessen Schweigepflicht entbindet. Ohne diese Erlaubnis würde sich der Arzt wegen Verstoßes gegen die ärztliche Schweigepflicht (§ 203 StGB) strafbar machen.

Ärztliche Schweigepflicht

Ausnahmen von der ärztlichen Schweigepflicht

Will der Patient trotz schwerwiegender Bedenken des Arztes dennoch weiter Autofahren, kann der Arzt unter bestimmten Voraussetzungen allerdings seine Schweigepflicht brechen und die Straßenverkehrsbehörde informieren. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits 1968 darauf hingewiesen, dass der Arzt hierbei eine Güterabwägung vornehmen muss. Das heißt, er muss abwägen, ob durch die weitere Teilnahme seines fahruntüchtigen Patienten am Straßenverkehr höhere Rechtsgüter gefährdet – etwa das Leben oder die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer. Allerdings hat der Arzt mit Blick auf die Schutzwürdigkeit des Patienten seinen Verdacht gegenüber der Straßenverkehrsbehörde vorsichtig zu formulieren insbesondere wenn er sich nicht auf aktuelle eigene Untersuchungen, sondern lediglich auf ältere Befunde stützen kann. Gegebenenfalls hat er ergänzende Untersuchungen anzuregen.

Angehörige haften

Wann Angehörige für Unfallschäden haften

Auch Angehörige sollten eindringlich auf den Demenzkranken einwirken, sollte dieser bei fortschreitender Erkrankung weiter Auto fahren wollen. Rechtlich verpflichtet, das Autofahren zu verhindern, sind Angehörige jedoch nur dann, wenn sie die Aufsichtspflicht haben (§ 832 BGB). Aufsichtspflichtig sind Angehörige, die das Betreuungsgericht zu rechtlichen Betreuern des Patienten bestellt hat und zu deren Aufgabenfeld auch die Beaufsichtigung des Patienten gehört. In diesem Fall sind Angehörige verpflichtet, den Patienten am Autofahren zu hindern. Außerdem müssen sie für etwaige Schäden aufkommen, die die betreute Person beim Autofahren verursacht. In der Praxis liegt das Aufgabenfeld "Beaufsichtigung" allerdings nicht oft vor.

 Grundsätzlich steht auch bei demenzkranken Autofahrern in erster Linie die Kfz-Haftpflichtversicherung als gesetzliche Pflichtversicherung für Schäden gegenüber Dritten ein. Die Versicherung kann sich diese Schäden jedoch von dem Erkrankten ersetzen lassen – insbesondere dann, wenn der Unfall gerade wegen der Demenz passiert ist. Eine Demenzerkrankung sollte deshalb unbedingt rechtzeitig der Versicherung gemeldet werden.

Zusammenfassende Empfehlungen

 Zusammenfassende Empfehlungen

1. Viele Menschen mit einer leichten Demenz können noch sicher am Straßenverkehr teilnehmen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung führt eine Demenz aber stets zum Verlust der Fahreignung.

2. Bei einer beginnenden Demenz vom Alzheimer-Typ ist eine individuelle Abklärung erforderlich. Erkrankte mit einer Frontotemporalen Demenz sollten das Autofahren so schnell wie möglich einstellen, um das eigene Leben und das Leben anderer nicht zu gefährden.

3. Familienangehörige sollten sich bei Beratungsstellen, bei Ärztinnen oder Ärzten Rat holen, wie sie Erkrankte bei einer Selbst- und Fremdgefährdung unterstützen können.

4. Auch der Austausch in der Familie, im Freundeskreis oder in einer Selbsthilfegruppe kann hilfreich sein, um kreative Lösungen zu finden.

5. Wenn das Autofahren beendet wird, sollte das nicht zu sozialer Isolierung und dem Ende vieler Aktivitäten führen. Menschen mit Demenz können ohne Auto mobil bleiben, durch Fahrgemeinschaften und Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs.

Quelle: Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Informationsblatt 19

 

Broschüre der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V.

 Wege zu mehr Sicherheit im Verkehr und bei Rechtsgeschäften für Menschen mit Demenz 

 

Quelle: Wegweiser Demenz, herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

bottom of page